Sindaco, Giunta, Consiglio

Ein Streifzug durch Politik und Verwaltung in Rubiera
Die
Partnerschaftsurkunde
Am 21. Juli 1990 unterzeichneten in Neulingen Bürgermeister Heinz Raißle, der damalige Bürgermeister von Rubiera, Guido Tassoni, und die Beauftragten des Jugendaustausches, Paolo Avanzi und Heinrich Furrer, die Partnerschaftsurkunde zwischen Rubiera und Neulingen. Ihr Text lautet:
"Einig in dem Bestreben, zur Vertiefung der Beziehungen zwischen Italien und Deutschland beizutragen und im Geiste wahrer Freundschaft und echter Völkerverständigung, haben die Gemeinderäte der Gemeinden von Rubiera und Neulingen beschlossen, ihre beiden Gemeinden durch eine Gemeindepartnerschaft miteinander zu verbinden.
Mit dieser Partnerschaft sollen unsere Bürger einander freundschaftlich näherkommen und das gegenseitige Verstehen und die Achtung des einen vor dem anderen mehren und festigen.
Das Wohlergehen der Einwohner beider Gemeinden, kann nur in einer freien Welt gedeihen und in einem geeinten Europa gesichert werden.
Wir verpflichten uns, die menschlichen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Gemeinden zu fördern und ihre Bürger, vor allem die Jugend, im Geiste der Verständigung freundschaftlich zusammenzuführen.
Möge das in gutem Glauben an eine bessere, friedvollere Zukunft mit dieser Urkunde gegebene Versprechen immer Bestand haben und ein Baustein sein zu einem geeinten Europa."
Die Bürgermeisterin
An der Spitze einer italienischen Gemeinde steht der sindaco, der Bürgermeister. Bei den Kommunalwahlen tritt er nicht als Einzelner an, sondern gleichsam als Spitzenkandidat einer Liste von Bürgern, die sich um Sitze im Gemeinderat bewerben. Der Bürgermeisterkandidat tritt also praktisch mit "seiner" Mannschaft von künftigen Gemeinderäten an. Ein Effekt dieses Systems ist es, dass die Fraktion des gewählten Bürgermeisters im Gemeinderat notwendig über die Mehrheit verfügt.
Der Gemeinderat
Dem consiglio comunale, dem Gemeinderat von Rubiera, gehören 20 Mitglieder an. Die Amtszeit von Gemeinderäten und Bürgermeister beträgt fünf Jahre. Die letzten Kommunalwahlen fanden am 12. und 13. Juni 2004 statt. Zur Bürgermeisterin gewählt wurde Lorena Baccarani. Ihre Liste, die Lista Unitì per Rubiera ("Gemeinsam für Rubiera") errang 13 der 20 Sitze im Gemeinderat. Auf gesamtitalienischer Ebene entspricht diese Liste dem Wahlbündnis L´ulivo (Olivenbaum), dem beispielsweise der frühere italienische Ministerpräsident und spätere Präsident der EU-Kommission, Romano Prodi, zugehört. Der Polo della libertà ("Pol der Freiheit") erreichte vier Mandate. Ihm gehören die Forza Italia von Ministerpräsident Silvio Berlusconi an, ebenso die Alleanza Nazionale und die Lega Nord. Zwei Mandate gingen an die Rifondazione Comunista, die Nachfolgepartei der früher starken Kommunistischen Partei Italiens. Ein Sitz ging an die lista Verdi per la Pace, die "Grünen".
Die Giunta, das "Kabinett" der Bürgermeisterin
Keine Entsprechung im System der deutschen Kommunalverwaltung hat die Einrichtung der Giunta Comunale. Dabei handelt es sich praktisch um das "Kabinett" des Bürgermeisters. Die Mitglieder der Giunta, Assessori (Referenten), genannt, bilden zusammen mit dem Bürgermeister die politische Führung der Gemeinde und die (politische) Spitze der Gemeindeverwaltung. Die Assessori werden nicht vom Gemeinderat gewählt, sondern vom Bürgermeister ernannt und entlassen. Sie sind für bestimmte Bereiche der Gemeindepolitik zuständig und erarbeiten gemeinsam mit dem Bürgermeister Vorschläge und Anträge, über die dann der Gemeinderat zu entscheiden hat. Die Tätigkeit der Assessori ist ehrenamtlich, beruflich gehen sie den unterschiedlichsten Tätigkeiten nach.
Bürgermeisterin Lorena
Baccarani hat nach den Wahlen vom letzten Juni eine sechsköpfige Mannschaft aus engierten jungen Männern und Frauen als Assessori bestimmt. Vicesindaco, Stellvertreter des Bürgermeisters, ist Giuliano Nora. Rita Boni betreut als Assessore a Scuola e Servizi Educativi den Bereich Schule und Erziehung. Emanuele Cavallaro ist als Kulturreferent tätig, für Stadtplanung und privates Bauwesen zeichnet Niger Ficarelli verantwortlich. Namensgleich, aber nicht verwandt mit letzterem ist Rita Ficarelli, die das Referat "Umwelt- und Zivilschutz" betraut. Wainer Zannoni schließlich ist als Assessore ai Lavori Pubblici für die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde zuständig.
Das Gemeindezentrum "Il Parco"
Über kurz oder lang wird es Probleme geben, die Hunderte von Pokale unterzubringen, die die Aktiven des Vereins "Bocciofila Rubierese" bereits gewonnen haben.
Das "Bocciodromo"
Franco Atti, Präsident des Boccia-Vereins, zeigt auf mehrere Meter Regal, gefüllt mit Trophäen. Beeindruckend, diese Ausbeute (von Jahrzehnten, denkt man). Aber nein: das ist das Ergebnis allein von Oktober 2004 bis April 2005. Die Rubiereser Boccia-Spieler bewegen sich ganz oben in der italienischen Boccia-Szene. Ihr Sportplatz, das "Bocciodromo", befindet sich im Gebäudekomplex des Gemeindezentrums "Il Parco", dort, wo auch die Neulinger Freundschaftsskulptur von Jean-Pierre Morlais ihren Platz gefunden hat.
Viel Raum auch für die Älteren
Doch das Bocciodromo ist nur eine von mehreren beeindruckenden Einrichtungen, die das Gemeindezentrum beherbergt. Da ist der riesige Raum, in verschiedene Zonen unterteilt, in dem ( nicht nur, aber vor allem ) auch ältere Rubiereser Unterhaltung finden können, bei Gespräch oder Spiel, mit Café, Bar, Billard und vielem mehr. Der ansprechende Gebäudekomplex aus Ziegelstein birgt aber noch mehr. Das Rote Kreuz hat dort seinen Sitz, der Organspendeverein, der Verein der Altenhilfe, und ( man hört und glaubt es kaum ) der Blutspendeverein von Rubiera.
Nächstenliebe ganz praktisch: Der Blutspendeverein
Jeden zweiten Sonntag im Monat ist Hochbetrieb in den Räumen des Vereins. Vier Ärzte, sieben Krankenschwestern und weitere Betreuer kümmern sich um die zahlreichen Blutspender, die mit dem roten Gold in Not geratenen Menschen helfen möchten. 550 Blutspender zählt Rubiera; sie spenden jährlich rund 1.100 Beutel Blut mit je 450 Millilitern. Damit decken sie nicht nur den eigenen rechnerischen Blutbedarf von Rubiera, sondern können noch anderen das Blut zur Verfügung stellen.
Keine Nachwuchssorgen beim Roten Kreuz
Auch das Rote Kreuz befindet sich in einer äußerst gesunden Verfassung. Fünf bis sechs Hilferufe gehen pro Tag ein und treffen auf ein leistungsfähiges Team, das keine Nachwuchssorgen kennt. Viele junge Rubiereser entscheiden sich für ein Engagement in dieser Einrichtung. Am Besuchswochenende der Neulinger Delegation richtete das Rote Kreuz Rubiera zudem das erste italienweite Treffen der Jung-Rot-Kreuzler aus und demonstrierte seine Einsatzbereitschaft mit einer Schauvorführung im Zentrum der Gemeinde.
Handball, Fischen, Marathon
Zwei große Sportstätten hat Rubiera, das nicht nur im Boccia, sondern auch im Handball italienweit ganz vorne mitspielt. Auch laufstark ist man in der Gemeinde am Fluss Secchia: Stefano Baldini, olympischer Goldmedaillengewinner im Marathon, lebt in Rubiera und hat dort schon so manchen Kilometer unter die Sohle gebracht. Auch das Fischen wird mit landesweitem sportlichen Erfolg betrieben. In Rubiera gibt es zwei Angelvereine mit zusammen 100 aktiven Fischern.
Hilfe für die Schwachen: Das Projekt "Nefesh"
Hilfe für Menschen, die sich selbst nicht helfen können, weil Alkohol, Drogen oder andere Probleme im Weg stehen, bietet das Projekt "Nefesh" (hebräisch, etwa: "ich helfe Dir weiterzugehen") im Teilort San Faustino. Vor über 20 Jahren hatte ein kinderloses, wohlhabender Bürger von Rubiera dem Pfarrer von San Faustino ein Anwesen mit Haus und landwirtschaftlichen Gebäuden vermacht. Der Pfarrer gab den Anstoß, heute leben 32 Hilfsbedürftige dort, die landwirtschaftlichen und handwerklichen Tätigkeiten nachgehen und ein "normales" Leben üben. Angeleitet werden sie von Betreuern, die auch in der Nacht vor Ort sind, um gegebenenfalls Hilfe zu leisten. Über 30 Rubiereser leisten in "Nefesh" unentgeltlich Hilfe. Obst, Gemüse, Gewächshauskulturen, Kaninchen, Hühner, Honig fast alles gibt es auf dem Hof. Zweimal in der Woche geht es zum Markt nach Reggio, einmal wöchentlich nach Modena, wo die eigenen Produkte verkauft werden.
Naturparadies vor der Haustür
Rubiera liegt am Fluss Secchia, der aus dem Apennin kommt und dem großen Strom der norditalienischen Ebene, dem Po, entgegenzieht. Bei Hochwasser kann es zu erheblichen Überflutungen in dem flachen Gelände kommen. Daher wurde ein Überflutungsgebiet als natürliches Rückhaltebecken geschaffen, in das die Wassermassen der Secchia sich ergießen können, ohne Schaden anzurichten. Das Rückhaltebecken gehört zu einem Naturreservat, das auch das Gelände von alten Kiesgruben erfasst, die sich mittlerweile mit Grundwasser gefüllt haben und zu wahren Biotopen geworden sind. In den Hecken um das Wasser sind viele Arten zu Hause, die man auch aus unserer Gegend kennt, aber auch die wärmeliebende Äskulapnatter hat dort ihr Refugium. Ebenfalls unweit des Ortes finden sich auch Angelseen und ein natürliches Freibad, das in der warmen Jahreszeit wie überall zahllose Kühlungssuchende anzieht. Und der Sommer ist wirklich heiß, in der Ebene zwischen Apennin und Po.