26.01.2005

Neulingen schlägt richtungsweisenden Weg ein

Recht wohl fühlte sich die zweijährige Paula (Mitte) beim Schnupperbesuch im Kindergarten „Sonnenblume“, rechts Heinz Raißle und Kindergartenleiterin Christiane Thüngen.
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Recht wohl fühlte sich die zweijährige Paula (Mitte) beim Schnupperbesuch im Kindergarten „Sonnenblume“, rechts Heinz Raißle und Kindergartenleiterin Christiane Thüngen.

Aufnahme von Kindern unter drei Jahren in den Kindergarten

„Wir schaffen es mit dem vorhandenen Personal“, mit diesem Satz, mit ihrer Motivation und weiteren Erläuterungen zum Thema „Aufnahme von Kindern unter drei Jahren in den Kindergarten“ überzeugten die Neulinger Kindergartenleiterinnen Christiane Thüngen und Gabriele Zähringer die Mehrheit des Neulinger Gemeinderates so, dass ein entsprechendes Modellprojekt gestartet werden kann. Ausgangspunkt für die teils emotional geführte Debatte war die schon im vergangenen Jahr von Bürgermeister Heinz Raißle im Rahmen der Kindergartenbedarfsplanung angeregte Aufnahme von Kleinkindern in einen Neulinger Kindergarten. Dafür biete sich der Kindergarten „Sonnenblume“ im Ortsteil Nußbaum an. Wegen der zurückgehenden Zahlen der Kinder im üblichen Kindergartenalter von drei bis sechs Jahren sei dort die notwendige Kapazität an Erzieherinnen für das Modellprojekt mit der Aufnahme von zunächst fünf Kleinkindern aus allen drei Ortsteilen vorhanden. Entsprechender Bedarf seitens der Eltern sei bereits gegeben.
Mit der Realisierung dieses Modellprojektes habe die Gemeinde Neulingen die Möglichkeit, Erfahrungen mit der Betreuung von Kleinkindern zu sammeln und gegebenenfalls das Angebot auf die anderen Kindergärten der Gemeinde auszuweiten und bedarfsgerecht auf die jeweilige Familiensituation einzugehen. Christiane Thüngen erklärte, dass das Projekt im Kreise der Neulinger Kolleginnen und in ihrem Nußbaumer Team besprochen und positiv aufgenommen worden sei. Die Kleinkinder würden in dem für eine Aufnahme in Frage kommenden Alter (das Kind muss laufen können) von etwa eineinhalb bis drei Jahren unterschiedliche Entwicklungsphasen durchmachen.

Viel Aufmerksamkeit sei erforderlich und eine konstante Bindungsperson, damit das Kleinkind im Kindergarten Liebe und Vertrauen wahrnehmen beziehungsweise aufbauen könne, auch um Trennungsphasen zu überwinden und um frühes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl entwickeln zu können. Gabriele Zähringer fügte hinzu, dass man dies beim Neulinger Konzept berücksichtigt habe. Deshalb würden die Kleinkinder nicht in die üblichen gemischten Gruppen aufgenommen, sondern zunächst in einer Gruppe mit „jüngeren“ Kindergartenkindern ihre besondere Betreuung erfahren. Das Landesjugendamt würde die Umwandlung einer bisherigen altersgemischten Gruppe in eine Familiengruppe genehmigen.

Gemeinderat Johann-Bernard Kleymann war zunächst skeptisch, ob das mit dem gleichen Personal durchführbar sei. Er ließ sich von den beiden Kindergartenleiterinnen überzeugen, dass die Ausbildung der Erzieherinnen auch den Altersbereich 0 bis 3 Jahre umfasse.

Zu schnell mit einer möglichen Entscheidung ging es vor allem Heinrich Furrer und Cornelia Luz. Sie wollten noch umfassendere Informationen, die Besichtigung einer bestehenden Einrichtung und erst demnächst eine Abstimmung. Roland Geisel, Rudolf Fuchs und Reiner Roth hielten dagegen: man könne und solle sich auf die hiesigen Fachleute verlassen. „Deutschland ist das kinderärmste Land in Europa, weil die Kinder nicht ausreichend in Kindergarteneinrichtungen untergebracht werden können“, so Geisel. Die Stimmung im Gemeinderat neigte sich in Richtung Schluss der Debatte und Abstimmung.

So votierten schließlich zwölf Gemeinderatsmitglieder für die Aufnahme von Kleinkindern, drei waren dagegen, ein Mitglied enthielt sich. Eine Besichtigung sagte Raißle zu. Das Betreuungsangebot liegt zwischen einem halben Tag pro Woche und der Ganztagsbetreuung, also zwischen drei und 30 Stunden im Monat. Entsprechend liegt der Elternbeitrag zwischen 23 Euro und 150 Euro im Monat.